Verschwörungstheoretiker_innen, „Coronarebellen“, Antisemitismus und ein Gynäkologe

Dieser Text soll einen Blick auf die äußerst kritisierenswerte Rolle von DDr. Christian Fiala in den Protesten gegen die von der Regierung gesetzten Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus werfen, und aufzeigen welche mögliche Folgen dieses „Engagement“ für die Pro-Choice Bewegung haben könnte.

Kaum scheint in Österreich und Deutschland das Schlimmste der Corona-Pandemie überstanden, lässt sich in der Öffentlichkeit und den sozialen Medien ein Anstieg an Verbreitung von brandgefährlichen Verschwörungsmythen vernehmen.

Gerade in mehreren Städten Deutschlands übertrafen sich sogenannte „Hygienedemos“ mit jedem Wochenende gegenseitig durch stetig wachsende Teilnehmer_innenzahlen. Unter ihnen: bekannte Rechtsextreme, Ärzt_innen und der ein oder andere Z-Promi.

Auch in Österreich finden ähnliche Demonstrationen statt, wenn auch mit geringerer Teilnehmer_innenzahl.

Dabei könnte es besonders gefährlich werden, wenn Wissenschafter_innen, Ärzt_innen oder gar Virolog_innen Verschwörungsmythen konstruieren oder unterstützen, da diese hohes Ansehen und Vertrauensvorschuss in einer breiteren Öffentlichkeit genießen.

Genau diese Annahme wird bei folgender, genauer Betrachtung der Wiener „Initiative für evidenzbasierte Coronainformation“ (kurz ICI) und deren öffentlichen Vertreter, dem Gynäkologen und Allgemeinmediziner DDr. Christian Fiala vollends bestätigt.

Zur Person: DDr. Fiala ist Gründer und med. Leiter der Abtreibungsklinik „GynMed“ in Wien sowie des „Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch“. Darüber hinaus ist er einer breiten Öffentlichkeit durch enorm wichtige Pionierarbeit im Bezug auf das Recht auf Selbstbestimmung der Frau über den eigenen Körper bekannt.

Die Evidenz in der Initiative für evidenzbasierte Coronainformation

Der Presseauftritt [1] und die Homepage „initiative-corona.info“ wirken auf den ersten Blick seriös. Der Name „Initiative für evidenzbasierte Coronainformation“ verspricht wissenschaftlich und medizinisch überprüfte Ergebnisse und auch bei näherer Betrachtung der Homepage stößt der_die Leser_in auf dutzende Doktortitel und prominente Namen, sowie Studien und Artikel mit mehr oder weniger bekannten Zeitungen als Quellen.

Im Impressum [2] der Homepage „initiative-corona.info“ wird c/o Verein IRHI, Mariahilfer Gürtel 37, 1150 Wien angegeben.

Als Obmann des Vereins „Initiative for Reproductive Health Information,
IRHI – Initiative zur Information über Reproduktive Gesundheit“
ist DDr. Christian Fiala im Vereinsregisterauszug eingetragen.[3]

Die erwähnte Adresse ist jene der Abtreibungsklinik GynMed.

Genau diese Zusammenhänge machen es für Beobachtende, welche DDr. Fiala nur in der Rolle des „Abtreibungsarztes“ kennen, erst mal möglicherweise schwer die Seriosität hinreichend einschätzen zu können.

Genauer betrachtet finden sich auf der Homepage und in den Reden des Arztes jedoch exakt die gleichen Verschwörungsmythen und Akteur_innen wieder, wie in den meisten der in Österreich und Deutschland im Rahmen der Coronakrise agierenden Verschwörungsgruppierungen.

Als kurze Beispiele hierfür wären hier eine fabulierte Zwangsimpfung – mit andeutenden Verbindungen zum Bill Gates Verschwörungsmythos [4] – und die immer wieder von DDr. Fiala betonte Gefahr, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes würde die Hirnaktivität einschränken, zu nennen. Auch angegebene Studien haben sich in der anerkannten Forschung in Bezug auf CoVId-19 als irrelevant oder falsifiziert erwiesen.

Coronarebellen

Die eben beschriebene „Initiative für evidenzbasierte Coronainformation“ wurde am 24.4.2020 zur Veranstalterin der 1. Demonstration in Österreich [5] während der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. Trotz einer kurzfristigen Untersagung durch die LPD Wien, fand diese als „Pressegespräch“ mit bis zu 200 Demonstrierenden, von denen zahlreiche dem rechten bis rechtsextremen Milieu zuordenbar waren, statt.

In einem Interview am Rande der Demonstration gab der Gynäkologe, auf die Frage ob es ihn nicht störe, dass Rechte und Rechtsextreme „seinen“ Demonstrationen beiwohnen an, dass diese Tatsache zwar tragisch sei, er jedoch keinen Einfluss auf das Publikum nehmen könne. Als Beispiel meinte DDr. Fiala „ja auch nicht wissen zu können ob vorbestrafte Personen zugegen seien“ und wiederholte, dass sich die Initiative von jedem Extremismus abgrenzen wolle.

Das dies keine ungefährliche Aussage und Annahme darstellt, beweist eine am 1.5. am Kundgebungsort, genauer gesagt dem Denkmal für die Opfer der NS-Militärjustiz angebrachte Schmiererei [6], welche eindeutig Anhänger_innen von Verschwörungs­mythen zuzurechnen sind.

Alleinstehend wäre dies alles eigentlich schon genug, um die Rolle von DDr. Christian Fiala in der Öffentlichkeit viel lauter zu kritisieren.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt jedoch, dass der Gynäkologe auch in Bezug auf andere epidemische bzw. pandemische Viruserkrankungen, wie das HI-Virus und die Ebolaepedemie 2013 – 2016 sehr zweifelhafte bis virusleugnerische Positionen vertrat.

Fast als logische Ergänzung erscheint dann jene Tatsache, dass er Ärzten, welche für „das Goldene Brett“ (Negativpreis für für unwissenschaftliche Personen oder Initiativen) in der Vergangenheit rechtfertigend zur Seite gestanden hat.[7]

Dieses Gesamtbild ergibt nicht nur einen massiven Vertrauensbruch aus medizinischer Sicht von Patient_innen, welche auf die Dienste von DDr. Christian Fiala als Abtreibungsarzt angewiesen sind, DDr. Fiala stellt das Selbstbestimmungsrecht der Frauen über ihren Körper und die Verbreitung allgemein gefährlicher Verschwörungsnarrative miteinander in Verbindung.

Vor allem das Verwenden des Vereins „Initiative for Reproductive Health Information, IRHI – Initiative zur Information über Reproduktive Gesundheit“ für diverse Verschwörungsumtriebe, ist ein geradezu egoistischer Akt, könnte dies im Hinblick auf die immer regressivere Gesetzgebung im Bezug auf Schwangerschaftsabbruch in Europa (Auch in Österreich ist dieser mit §96 im Strafgesetzbuch fest verankert) große Schäden in jahrzehntelangen Kämpfen verursachen.

Da der Kampf um die Selbstbestimmungsrechte über den eigenen Körper für Frauen, non-binary, Inter- und Transpersonen tägliche und notwendige Realität ist, darf nicht zugelassen werden, dass dieser Kampf durch Vertreter_innen auch nur annähernd in Verbindung mit menschenfeindlichen und gefährlichen Mythen in Verbindung gebracht wird.

Quellenangaben

[1] APA Presseroom ICI – Initiative für evidenzbasierte Corona Informationen,  https://bit.ly/3hDnHLJ (abgerufen am 5. Mai 2020)

[2] Impressum Homepage ICI – Initiative für evidenzbasierte Corona Informationen, https://bit.ly/2UOVl79 (abgerufen am 10. Juni 2020)

[3] Screenshot Vereinsregisterauszug des Vereins „Initiative for Reproductive Health Information, IRHI – Initiative zur Information über Reproduktive Gesundheit“ von 28.April 2020, https://bit.ly/2Nitusd (abgerufen am 10. Juni 2020)

[4] Hoppenstett, Max: Verschwörungstheoretiker hetzen gegen Bill gates, Onlineartikel Spiegel Netzwelt, erschienen am 20. April 2020, https://bit.ly/2N4A6dr (abgerufen am 5. Mai 2020)

[5] Sulzbacher, Markus: Mit Aluhut gegen Corona und die Regierung, Onlineartikel der Standard, erschienen am 26. April 2020, https://bit.ly/3fpzuv8 (abgerufen am 5. Mai 2020)

[6] Sulzbacher, Markus: Was ist dran an der Bill-Gates-Verschwörung?, Onlineartikel der Standard, erschienen am 8. Mai 2020, https://bit.ly/3huvviC (abgerufen am 15. Mai 2020)

[7] Schöneberger, Alwin: Pseudowissenschaft: Wenn Forscher haarsträubenden Unsinn verbreiten, Onlineartikel Profil, erschienen am 27.12.2017, https://bit.ly/3hDagew (abgerufen am 10.Juni 2020)