oder „wer selbst im Glashaus sitzt…“
Das Rosa und so…
Wenn etwas zum Café Rosa, aka Studibeisl, feststeht, dann, dass alle eine Meinung dazu haben – und wie auch immer die jeweilige Position sein mag, die Meinung dürfte in keinem Fall positiv ausfallen – Seien es die linken Aktivist*innen und Studienvertreter*innen, die seit über zehn Jahren einen selbstverwalteten, konsumfreien Raum an der Uni fordern, seien es die (ehemaligen) ÖH-Mitarbeiter*innen selbst, die diesen Raum geschaffen haben, seien es die rechten ÖH-Fraktionen, die seit jeher gegen dieses Projekt waren, sei es die breite Mehrheit der Studis, die sich ihre Infos über die Affäre aus den Medien besorgt hat – oder auch nicht. Was allerdings wesentlich auseinandergehen dürfte, sind die Gründe, aus denen man mit der Entwicklung unzufrieden ist. Und was außerdem feststeht, ist, dass die mittlerweile zwei Jahre alte Debatte ums Rosa sowohl die Gründe für dessen Errichtung verdeckt, als auch von dessen Gegner*innen dafür verwendet wird von eigenen Problemen abzulenken.
Was war da überhaupt los?
Aber der Reihe nach. Seit vielen Jahren wird vor allem, aber nicht nur, von Bagrus-Aktivist*innen ein Raum an der Universität Wien gefordert, der frei von Konsumzwang und diskriminierenden Strukturen sein sollte.
Die Maximalforderung von dieser Seite beinhaltete eine Finanzierung allein durch die ÖH Uni Wien bei einer Verwaltung, die in den Händen eines – sich zu bildenden – Plenums liegen sollte. Nachdem Vorstöße, dieses Projekt umzusetzen, jahrelang am Widerstand des VSSTÖ und der chronischen Inkonsequenz der Fordernden gescheitert waren, beschloss schließlich 2009 die GRAS das „Studibeisl“ zum Koalitionsprojekt zu machen. Deswegen, und vor allem aufgrund des persönlichen Engagements von Einzelpersonen, konnte schließlich 2011 ein Lokal eröffnet werden, dessen Verwaltung teilweise in den Händen der Universitätsvertretung und teilweise in der Verantwortung einer Geschäftsführung und eines Plenums lag – das Café Rosa eben. Diese Konstruktion, die primär wirtschaftlichen und rechtlichen Notwendigkeiten geschuldet war, und nun vom VSSTÖ vehement eingefordert wurde, war nun dem Großteil derer, die ursprünglich einen Raum gefordert hatten, bei weitem nicht basisdemokratisch und selbstverwaltet genug. Den rechten Fraktionen dagegen war ein Raum, der sich selbst, wenigstens in den Stellenausschreibungen, als feministisch, antiklerikal und antikapitalistisch definierte, ohnehin ein Dorn im Auge. Nachdem das Plenum aus den oben genannten Gründen – ein anderer Ausdruck dafür wäre Verweigerungshaltung – und aufgrund von einigen wirtschaftlichen Fehlentscheidungen nie wirklich funktionierte, musste das Rosa schließlich 2012 in seiner ursprünglichen Form schließen.
(Hier muss angemerkt werden, dass das Lokal in der Zeit seines Bestehens die ihm zugedachten Funktionen als Lernraum, Treffpunkt und einfach nur Ort zum Feiern sehr gut erfüllte – Exkurs Ende). Diese Situation führte wiederum zu mindestens drei Entwicklungen. Zum einen wurde von Aktivist*innenseite erneut die Forderung laut, dass der Raum zukünftig selbstverwaltet sein solle, zum zweiten versuchte die ÖH Uni Wien (erfolglos) sich das Rosa und alles, was damit zusammenhing, so schnell wie möglich vom Hals zu schaffen und zum letzten nutzen die rechten ÖH Fraktionen unter begeisterter Mithilfe der Presse das Debakel für eine veritable Kriegserklärung an die verantwortlichen Personen und Fraktionen. Am Ende sind nun also alle unzufrieden, wenn auch aus verschiedensten Gründen. Den einen ist die ÖH nicht linksradikal genug, den anderen zu sehr und die meisten ÖHler*innen selbst sind schlicht gefrustet.
Wer selbst im Glashaus sitzt
Aus der Retrospektive lässt sich nun nicht zuletzt folgendes festhalten. Große Summen sind in ein Projekt geflossen, dessen Umsetzung nicht gut geplant war und das nach seinem Scheitern mittlerweile bloß noch Spielball in den verschiedenen Wahlkampfstrategien und -schlammschlachten ist. Besonders die Aktionsgemeinschaft versucht politisches Kleingeld daraus zu machen. Verwirrend ist allerdings, dass diese Fraktion, die eigentlich das Abonnement auf Skandale und Skandälchen hat, dieses Debakel vollkommen ungehindert für sich ausnutzen kann. Wenn beispielsweise die AG mit Verweis auf das Café Rosa verlangt, dass sämtliche Projekte, die über 100.000 Euro kosten, vom Ministerium genehmigt werden müssen, wäre es angebracht anzumerken, dass die Aktionsgemeinschaft an der Universität Innsbruck 100.000 Euro an eine ÖVP-nahe Werbeagentur gezahlt hat, um im Tiroler Vorwahlkampf eine Kampagne gegen die erstmals nicht schwarze Innsbrucker Stadtregierung zu planen.
Nicht, dass billigere Öffi-Tickets nicht wünschenswert wären, aber es stellt sich trotzdem die Frage warum das von der ehemals schwarzen Stadtregierung nie gefordert worden war.[1] Oder wenn, wiederum mit Verweis auf das Rosa, gefordert wird, dass das allgemeinpolitische Mandat der ÖH abgeschafft wird. In diesem Fall kommt es blöd, wenn die AG BoKu lauthals mit rassistischen (und dummen, ja eh) Argumenten Debatten um Trachten-Tragen führt.[2] Mit Sicherheit ein Thema, dass einzig und allein – ebenso wie das Aufstellen von Maibäumen – dem Service für Student*innen dient. Wenn dann noch die ÖH WU das ganz und gar neutrale Hayek-Institut für Umfragen engagiert[3], deren Fragen das Papier nicht wert sind auf dem sie gestellt werden – ja richtig, die AG WU lässt noch Umfragen auf Papier durchführen, mit Sicherheit die billigste aller Varianten – führt sich die demonstrative Seriösität der AG völlig ad absurdum.
Nicht trotz. Wegen!
Nicht, dass diese Fälle die finanziellen Verluste durch das Rosa irgendwie aufwiegen würden. Allerdings muss angemerkt werden, dass die Idee, einen Ort zu schaffen, der in unmittelbarer Universitätsnähe einen konsumfreien und für alle Personen möglichst angenehmen Raum zur Verfügung stellt, per definitionem dem Kriterium des allgemeinen Nutzens entspricht.
Ein Kriterium, das die oben genannten Fälle schlicht nicht erfüllen.
Insofern darf festgehalten werden, dass das Rosa ein Debakel war, dass die Planung einerseits vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt her unter aller Sau war und andererseits aus der basisdemokratischen Perspektive in keinem Fall selbstverwaltet war. Ebenso ist klar, dass das Krisenmanagement ebenfalls nicht mustergültig war. Alle diese Fehler sind passiert!
Allerdings hat es sich definitiv um ein Projekt gehandelt, dass allen Studierenden zugute gekommen ist und bei dem keine Gelder an parteinahe Agenturen geflossen sind oder Wahlwerbung für eine Fraktion unter dem Mäntelchen des „Service“ gemacht wurde. Und nachdem der Großteil der Probleme, die das Rosa lösen wollte, trotz der neuen Uni-Cafeteria immer noch bestehen, bleibt wohl nur eines übrig: Der Anspruch, dass die ÖH selbstverwaltete, konsumfreie und diskriminierungsfreie Räume, sei es für Lerngruppen, sei es nur zum Abhängen, schaffen soll, muss aufrecht bleiben – also nicht trotz Rosa links wählen, sondern wegen dem Rosa!
[1] http://ibk.vsstoe.at/100-000-e-an-studierendengeldern-fur-ovp-ag-wahlkampf/
[2]http://oekolili.blogsport.de/2013/01/16/rassismus-unter-dem-regenbogen/
[3] Siehe dazu: http://www.zeit.de/2012/43/Hayek-Institut-Wien